Fachwerkstädte und -dörfer prägen noch heute viele Landschaften in Deutschland. Mehr als 2,5 Millionen Fachwerkgebäude stellen den Schmuck und Stolz von Gemeinden und Besitzern dar.
Basis für den Fachwerkbau war der Baustoff Holz. Die charakteristischen Eigenschaften des Holzes, klimatische Bedingungen und die Kunst der Zimmerleute sind ausschlaggebend für die Dimensionen und Formen der Fachwerkhäuser.
Fachwerkgefüge sind eine holzsparende Skelettbauweise mit allein tragenden Hölzern und nicht tragenden Ausfachungen aus Lehm oder Ziegeln: eine höchst ökologische, umweltschonende und ästhetische Bauweise.
Die Fachwerkbauten im Norden Deutschlands basieren im Wesentlichen auf dem niederdeutschen Hallenhaus, in welchem Menschen, Tiere und die Ernte unter einem Dach vereint waren. Mitteldeutsches Fachwerk wird in der Hauptsache vom dreizonigen, traufseitig erschlossenen Ernhaus, welches in erster Linie zum Wohnen dient, geprägt, und das Fachwerk im süddeutschen Bereich schließlich wurde aus dem alemannischen Ständerbohlenbau, eine Vorgängerbauweise mit weiten Ständerstellungen, entwickelt.
Mit den Fachwerkhäusern tauchen wir in die Lebensweise und die Bauten vergangener Jahrhunderte ein. Lebendige Zeitzeugen begegnen uns mit einem unendlichen Reichtum an Formen, Schmuck und Symbolik, wie z. B. dem Andreaskreuz (das andere Kreuz der Germanen), das in christlicher Zeit zum Andreaskreuz wurde – im Andenken an den Heiligen St. Andreas, der an ein schräges Kreuz genagelt wurde. Zu dem in handwerklicher Tradition entstandenen Schmuck der Fachwerkgebäude gehören „Wilde Männer“ ebenso wie Fächerrosetten, geschweifte und gerade Rauten, aber auch ein große Vielfalt von Lebensbäumen bis zu christlicher Symbolik.
Aber Fachwerke sind nicht nur einzelne Schmuckstücke: Straßen, Plätze, oft ganze Fachwerkorte werden durch unvergleichliche städtische oder dörfliche Bauensembles mit hohem Denkmalwert geprägt.
Prof. Dipl.-Ing. Manfred Gerner